{ Biographie }

Siegfried Lenz

Siegfried Lenz, am 17. März 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, zählt seit langem zu den bedeutendsten Schriftstellern der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft, ging Lenz nach Hamburg und studierte Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft, ehe er 1950/51 als Redakteur für die »Welt« arbeitete. 1951 machte er sich als freier Schriftsteller selbstständig und debütierte mit Es waren Habichte in der Luft. Bereits mit seinem ersten Roman gelang es dem Autor, Kritiker und Leser für sich einzunehmen. Sein Vermögen, menschliche Schicksale und aktuelle gesellschaftliche Fragen auf eine Weise zu verknüpfen, die zwar literarisch ambitioniert ist, aber zugleich die Bedürfnisse breiter Leserschichten nicht vernachlässigt, zeichnet sein Werk bis heute aus.

Schon früh dachte Siegfried Lenz über die Wechselwirkungen von Literatur und Gesellschaft nach, analysierte Bedingungen und Funktion seines Schreibens und lotete seine Stellung als Künstler innerhalb der politischen Abläufe aus. Sein Werk ist daher geprägt durch die Auseinandersetzung mit gesellschaftskritischen Problemen (z. B. Der Mann im Strom, 1957, oder Brot und Spiele, 1959) und mit dem Dritten Reich bzw. seiner Verarbeitung. Zu Lenz’ größtem Erfolg wurde der 1968 erschienene Roman Deutschstunde, den viele als befreiende künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Thema verstanden. Das Buch wurde verfilmt, avancierte zur Pflichtlektüre an Schulen und erreichte auch international große Popularität. Mit einer Erstauflage von mehr als 700.000 Exemplaren sicherte es dem Schriftsteller zudem die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Bis heute ist die Geschichte eines Polizisten, der im Nationalsozialismus das Malverbot seines Freundes überwacht, eine bestechende Entlarvung eines pervertierten Pflichtgefühls. Der Deutschstunde folgten viele weitere große Romane (Das Vorbild, 1973, Heimatmuseum, 1978, Der Verlust, 1981, Exerzierplatz, 1985, Die Auflehnung, 1994, Landesbühne, 2009), welche Siegfried Lenz neben Schriftstellern wie Heinrich Böll, Günter Grass oder Martin Walser zu einem der wichtigsten deutschen Gegenwartsautoren machte.

Das Lenzsche Werk umfasst alle literarischen Gattungen: Theaterstücke (Zeit der Schuldlosen, 1961, Das Gesicht, 1964, Versuchsperson, 2009), Hörspiele (Haussuchung, 1967) und Essays (Mutmaßungen über die Zukunft der Literatur, 2001). Erzählbände wie So zärtlich war Suleyken (1955), Lehmanns Erzählungen (1964) und Der Geist der Mirabelle (1975) belegen, warum Lenz bei vielen Lesern auch als Meister der »kleinen Form« gilt. Siegfried Lenz’ Bücher sind in rund 30 Ländern und in 22 Sprachen übersetzt in einer Auflage von mehr als 25 Millionen Exemplaren erschienen. Für sein Werk wurde er mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet, darunter der Gerhart-Hauptmann-Preis, der Thomas-Mann-Preis, der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main, der Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte sowie die Ehrenbürgerschaft des Landes Hamburg, des Landes Schleswig-Holstein sowie seiner Geburtsstadt Lyck in Polen. Diese Auszeichnungen galten zum einen dem literarischen Werk Siegfried Lenz’, rühmten aber immer auch das Engagement des Autors.

Siegfried Lenz verstarb am 7. Oktober 2014 im Alter von 88 Jahren im Kreise seiner Familie in Hamburg.